Komplexität im Code - Ein versteckter Killer von Business Value
02. September 2024
In der Softwareentwicklung gibt es einen unsichtbaren Gegner, der sich still und heimlich einschleicht und das Potenzial eines Teams erheblich beeinträchtigen kann: Komplexität im Code (oftmals auch als technische Schulden bezeichnet). Sie ist einer der größten Performance-Killer und hat signifikante Auswirkungen auf die Fähigkeit eines Teams, Business Value zu generieren. Doch was macht Komplexität so gefährlich, und wie können Teams ihr effektiv entgegenwirken?
Warum Komplexität im Code so schädlich ist
Komplexität im Code ist oft nicht auf den ersten Blick erkennbar. Sie entsteht schleichend und manifestiert sich in schwer wartbarem, unübersichtlichem Code, der es Entwicklern erschwert, schnell und effektiv Änderungen vorzunehmen. Diese Komplexität hat mehrere negative Auswirkungen:
- Abnehmende Effektivität des Teams: Je komplexer der Code, desto schwieriger wird es für das Team, neue Features zu implementieren oder Bugs zu beheben. Es wird nicht nur zunehmend schwieriger den Code und alle Abhängigkeiten zu überblicken, auch nehmen unbeabsichtigte Seiteneffekte zu und die Gefahr von Folgefehlern steigt. Die Produktivität sinkt, weil immer mehr Zeit in das Verständnis und die Wartung des bestehenden Codes investiert werden muss.
- Verzögerte Reaktion auf Veränderungen: In der schnelllebigen Welt der Softwareentwicklung müssen Teams in der Lage sein, schnell auf Marktanforderungen oder Kundenfeedback zu reagieren. Komplexer Code behindert diese Flexibilität und führt zu längeren Release-Zyklen.
- Akkumulation über die Zeit: Was zunächst harmlos erscheint – eine kleine technische Schuld hier, eine nicht ganz saubere Implementierung dort – akkumuliert sich über die Zeit. Diese schleichende Zunahme an Komplexität führt irgendwann zu einem „Big Ball of Mud“: einem schwerfälligen System, das Innovationen bremst und die Entwickler frustriert. Oftmals ist dann der Aufwand, diese akkumulierte Komplexität wieder abzubauen so hoch, dass davor zurückgeschreckt wird und so die Komplexität weiter zunimmt.
Der sechste Sinn für Komplexität
Erfahrene Teams entwickeln im Laufe der Zeit einen sechsten Sinn für aufkommende Komplexität. Sie spüren, wenn der Code an bestimmten Stellen zu unübersichtlich wird oder wenn sich technische Schulden anhäufen. Dieser Instinkt ist entscheidend, um frühzeitig gegenzusteuern und die Komplexität unter Kontrolle zu halten. Entscheidend dabei ist, dass auf diese Signale reagiert und der Entstehung von Komplexität umgehend entgegengewirkt wird. Weniger erfahrene Teams akzeptieren viel mehr dieser sich anbahnenden Komplexität, da die Auswirkungen erst später wirksam werden. Die Beseitigung der bis dahin entstandenen Komplexität ist dann aber meist so aufwändig, dass das weiter in die Zukunft verschoben wird, weil man ja momentan gerade keine Zeit hat. Wenn das Team dann keine Werkzeuge kennt, um das notwendige Refactoring in kleinere Schritte zu zerteilen, dann bleibt die Komplexität bestehen und wächst weiter an.
Strategien zur Reduzierung von Komplexität
Es gibt verschiedene Techniken, die Teams dabei unterstützen können, die Komplexität im Code zu reduzieren:
- Einfachere Strukturen und Lösungen finden: Oft ist die einfachste Lösung auch die beste. Anstatt in die Falle zu tappen, zu komplizierte und übermäßig generalisierte Lösungen zu implementieren, sollten Teams sich auf das Wesentliche konzentrieren und einfache, zielgerichtete Lösungen anstreben.
- Generalisierungen zurücknehmen: Es ist verlockend, Code von Anfang an so zu schreiben, dass er für alle Eventualitäten gerüstet ist. Doch das führt häufig zu unnötiger Komplexität. Spezifische Lösungen, die genau auf den aktuellen Bedarf zugeschnitten sind, sind oft weniger komplex und einfacher zu warten.
- Logik in kleinere, klar abgrenzbare Teilbereiche zerlegen: Komplexität lässt sich besser handhaben, wenn sie in kleinere, überschaubare Einheiten zerlegt wird. Durch klare Abstraktionsebenen und gut definierte Schnittstellen wird der Code verständlicher und modularer.
- Aussagekräftige Namen verwenden: Gut benannte Objekte, Methoden und Variablen tragen erheblich dazu bei, den Code lesbarer und verständlicher zu machen. Namen sollten die Funktionalität klar widerspiegeln und möglichst keine Doppeldeutigkeit zulassen.
- Automatisierte Tests einsetzen: Tests sind ein unverzichtbares Werkzeug, um sicherzustellen, dass Änderungen am Code keine unerwünschten Nebenwirkungen haben. Sie helfen, die Komplexität zu beherrschen, indem sie das Vertrauen in den Code stärken und Refactoring ermöglichen.
Kontinuierliche Reduzierung von Komplexität als Teamaufgabe
Die Bekämpfung von Komplexität ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der das gesamte Team betrifft. Refactoring – das Überarbeiten und Verbessern von bestehendem Code – sollte in den normalen Entwicklungsprozess integriert werden, anstatt als separate, gelegentliche Aufgabe behandelt zu werden.
Eine bewährte Praxis dabei ist die sogenannte „Pfadfinder-Regel“ (bekannt aus dem Buch The Pragmatic Programmer): „Verlasse den Code sauberer, als du ihn vorgefunden hast.“ Diese Regel ermutigt Entwickler, kleine Verbesserungen am Code vorzunehmen, wann immer sie auf Unsauberkeiten stoßen. Auf diese Weise wird die Codebasis kontinuierlich verbessert und Komplexität abge
Fazit
Komplexität im Code ist ein ernstzunehmendes Problem, das die Fähigkeit eines Teams, Business Value zu generieren, erheblich beeinträchtigen kann. Sie entsteht schleichend, hat aber langfristig gravierende Auswirkungen auf die Effektivität des Teams und die Qualität des Produkts. Um dieser Gefahr zu begegnen, müssen Teams wachsam bleiben, ein Gespür für aufkommende Komplexität entwickeln und kontinuierlich daran arbeiten, den Code einfach und wartbar zu halten. Nur so lässt sich sicherstellen, dass das Team langfristig in der Lage bleibt, schnell und effektiv auf Veränderungen zu reagieren und echten Mehrwert zu liefern. Deshalb ist die Beherrschung von Code-Komplexität durchaus auch im Interesse des Product Owners und somit tatsächlich eine Verantwortung des gesamten Scrum-Teams.
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